Die Erörterung der künftigen Entwicklung der Gemeinde Brigachtal nahm in den vergangenen Jahren einen gewichtigen Raum in der Diskussion in den politischen Gremien und in der Öffentlichkeit ein.
Die Entwicklung von Gewerbeflächen in Verbindung mit der Verkehrsplanung war hier ein zentrales Thema. Die Chronologie der bisherigen Planungsschritte ist auf > Brigachtal Gemeindeentwicklung dargestellt.
Es ist von zentraler Bedeutung, die Gemeindeentwicklung in ihrer perspektivischen Zielsetzung in einen längerfristigen Betrachtungszeitraum zu projizieren, um auf dieser Grundlage
Planungsmaßnahmen und Realisierungsschritte ableiten zu können.
Perspektiven der Gemeindeentwicklung aufzuzeigen bedeutet deshalb – auch oder gerade in der heutigen Zeit – den Mut zu teilweise visionären oder futuristisch anmutenden Szenarien und planerischen
Aussagen, auch wenn diese manchmal zunächst als nur wenig nachvollziehbar oder sogar bezweifelnd verstanden werden. Aber nur so kann es gelingen, eine nachhaltige Konzeption mit Weitsicht zu
entwickeln, die auch noch der kritischen Betrachtung und Auseinandersetzung nachfolgender Generationen standhält.
Da ein Gemeindeentwicklungskonzept generell keine planungsrechtliche Verankerung im Sinne gesetzlicher Festlegungen hat, ist es einerseits das flexibelste Planungs- und Steuerungsinstrument und
ist andererseits gerade deshalb dazu prädestiniert, als Selbstbindung für das politische Gremium einer Gemeinde zu fungieren und dadurch der Gemeindeverwaltung eine Handlungsstrategie vorzugeben,
die für die Bewältigung der kurzfristigen Aufgabenstellungen zwingend erforderlich ist.
Das nachfolgende Gemeindeentwicklungskonzept, das die langfristigen planerischen Zielsetzungen für Brigachtal bis über das Jahr 2040 hinaus aufzeigt, ist dabei in zeitliche
Entwicklungs-Prioritäten bzw. -Stufen gegliedert, die insbesondere über den jeweils erforderlichen konkreten Bedarf rückzukoppeln sind.
Die Plandarstellung zeigt die aktuelle städtebauliche und räumliche Situation der bestehenden Ortslage der Gemeinde Brigachtal mit den Ortsteilen Kirchdorf, Klengen und Überauchen. Auf Grund der optimierten grafischen Übersichtlichkeit wird der südliche Ortsabschluss von Brigachtal-Klengen in einem ergänzenden Planausschnitt dargestellt.
Gut ablesbar sind dabei die 3 Siedlungskörper der Ortsteile Kirchdorf, Klengen und Überauchen, wobei Kirchdorf und Klengen insbesondere über die gemeinsame öffentliche Infrastruktur der Ortsmitte
(Rathaus, Bank, Gastronomie, etc.) zwischenzeitlich abschnittsweise räumlich zusammengewachsen sind.
Der ausgeprägte Naturraum im Verlauf der Brigach strukturiert als freiräumliches Element (Wasserlauf, Vegetationsstrukturen, Topographie, etc.) die Gemeinde Brigachtal nochmals gut erkennbar in
die Siedlungsstruktur Kirchdorf und Klengen östlich und Überauchen westlich des Brigachtals.
Dem vorliegenden Siedlungsbild lassen sich die historisch gewachsenen Kernbereiche der einzelnen Ortsteile sowie die geometrisch eher ausgerichteten neueren Baugebiete, die sich sukzessive in den vergangenen Jahrzehnten primär in den östlichen Randlagen von Kirchdorf und Klengen, sowie in der nördlichen Ortslage von Überauchen entwickelt haben, gut nachvollziehbar ableiten.
Die großvolumigeren Bebauungsstrukturen zeigen die ortsstrukturell zergliederten einzelnen Gewerbegebiete, die auf Grund ihrer räumlichen Lage bzw. örtlichen Einbindung keine Erweiterungs- /
Entwicklungspotentiale aufweisen. Der seit Langem bestehende Mangel an neuen Gewerbeflächen hat zu entsprechend schwachen Gewerbestrukturdaten im Hinblick auf Gewerbeflächenbesatz,
Arbeitsplätze und Gewerbesteueraufkommen in Brigachtal geführt.
GEWERBE
Auf Grund der hohen Nachfrage bzw. des aktuell bestehenden dringlichen Bedarfs insbesondere von bereits ortsansässigen Unternehmen nach größeren zusammenhängenden gewerblichen Bauflächen in
Brigachtal, ist es zwingend notwendig, entsprechende Flächen für ein gemeindeeigenes Gewerbegebiet bereitzustellen und planerisch zu definieren.
Dabei hat die vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren erfolgten umfassenden planerischen Auseinandersetzung mit der Thematik der langfristigen Entwicklungsszenarien für die Gemeinde
deutlich gemacht, dass sich der Schwerpunkt einer künftigen nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung generell nur in der östlichen Ortslage umsetzen lässt.
Vor diesem Hintergrund stellt sich der Bereich des früheren Sportplatzes in Kirchdorf unter Betrachtung sämtlicher relevanter Kriterien als ausschließlich geeignete Fläche für eine Entwicklung im
oben genannten Sinne dar.
Parallel steht der südlich angrenzende Steinbruch zur sukzessiven Rekultivierung durch den Betreiber an. Für die zukünftige Entwicklung des Steinbruchs sind bergbaurechtliche Vorgaben sowie
boden- und hydrogeologische Voraussetzungen zu beachten. Eine baulich-gewerbliche Entwicklung ist daher nicht ohne erheblichen Aufwand möglich. Die bestehende Betriebsfläche des Steinbruchs
bleibt bis zum Abschluss der Rekultivierung als notwendige spezifische Nutzung erhalten bzw. bleibt einem Nutzungsspektrum im unmittelbaren Zusammenhang mit der künftigen Entwicklung des
Steinbruchs vorbehalten. Insgesamt handelt es sich um einen Entwicklungsprozess, der in den kommenden Jahren in enger Abstimmung mit dem Eigentümer noch konkretisiert werden muss.
Das Gewerbegebiet "Kreuzäcker", das zunächst für einen ersten Teilabschnitt in der Größe von ca. 5,5 ha planerisch weiterentwickelt werden soll, soll dabei funktional so gegliedert werden, dass
der zu den nördlich bestehenden Wohngebieten orientierte Quartierbereich als eingeschränktes Gewerbegebiet ausgewiesen werden könnte, das nur Gewerbe- und Handwerksbetriebe zulässt, welche die
Wohnnutzung nicht wesentlich stören.
Darüber hinaus wird durch die zwingend vorgesehenen Fachgutachten im Rahmen der nachfolgenden Planungsschritte untersucht, ob ergänzende lärmtechnische Maßnahmen erforderlich sind. Die
gewerbliche Baufläche "Kreuzäcker" hält außerdem einen Mindestabstand von ca. 130 m zur nächstgelegenen Wohnbebauung in den Bereichen Fichtenstraße bzw. Hilbengasse ein. Es soll zusätzlich eine
randliche Eingrünung des Gewerbegebiets zur optimalen Integration in das Landschaftsbild vorgenommen werden.
Die verkehrliche Erschließung eines ersten Abschnittes des Gewerbegebiets "Kreuzäcker" weitestgehend über bereits bestehende Straßenelemente im Zuge Hilbengasse – An der Kälberweid zur Marbacher Straße (L 178) erscheint nicht sinnvoll. Die Verkehrsanbindung des Gewerbegebiets "Kreuzäcker" könnte jedoch über ein neues bzw. ausgebautes Straßenelement im Korridor des bestehenden Steinbruchwegs zwischen dem früheren Sportplatzgelände in Kirchdorf und dem Gewerbegebiet "Auf der Leimgrube" sowie im weiteren Verlauf über die Schützenstraße bis zur Hauptstraße / Marbacher Straße (L 178) bzw. dem "Bärenkreisel" erfolgen.
WOHNEN
Parallel zur gewerblichen Entwicklung ist auch die Bereitstellung weiterer Bauflächen für die Wohnnutzung zwingend erforderlich.
Die Notwendigkeit an zusätzlichem Wohnraum ergibt sich bereits aus der sogenannten Eigenentwicklung der Gemeinde Brigachtal, der auch in Zukunft ein weiterer Rückgang der Belegungsdichte, also
die stetig sinkende durchschnittliche Zahl der Einwohner je Wohneinheit, zu Grunde liegt. Das bedeutet, dass allein durch den auch künftig steigenden Bedarf an Wohnbaufläche je Einwohner_in
zusätzliche Flächen zur Verfügung gestellt werden müssen. Hinzu kommt ein gewisser zusätzlicher Bedarf für ein moderates Wachstum durch Zuzug, das der Gemeinde seitens der Regionalplanung
zugestanden wird.
Vor diesem Hintergrund sind die in der Entwicklungsstufe für das Jahr 2030 dargestellten Gebiete "Haslen" und "Vorberg Ost" in Überauchen sowie "Arenberg" in Klengen als in diesem Sinne geeignete
Potenzialflächen für den Wohnungsbau zu verstehen, die jedoch bislang noch nicht formal-bauleitplanerisch verankert sind. Das Quartier "Gaisberg Süd" in Klengen ist dagegen bereits
planungsrechtlich im Flächennutzungsplan der Verwaltungsgemeinschaft Villingen-Schwenningen als Wohnbaufläche mit einer Größe von ca. 1,5 ha ausgewiesen und kann auf dieser Grundlage über ein
örtliches Bebauungsplanverfahren umgesetzt werden.
Die genannten Wohnbauflächenpotenziale stellen sich dabei als räumlich eher kleinflächige Ortsabrundungen bzw. Arrondierungen der bestehenden Ortslage dar. Dabei können das vorhandene
Verkehrssystem bzw. die bereits bestehenden Quartiererschließungen das zusätzlich zu erwartende Verkehrsaufkommen aus der hinzukommenden sehr begrenzten Anzahl an Wohneinheiten problemlos
aufzunehmen, ohne dass eine maßgebliche Beeinträchtigung der nachbarschaftlichen Belange zu erwarten ist.
In dieser Entwicklungsstufe wird das aus heutiger Einschätzung maximal mögliche Szenario der künftigen städtebaulichen Entwicklung der Gemeinde Brigachtal dargestellt. Ob das
Gesamt-Entwicklungsszenario in dieser Form tatsächlich umgesetzt wird, hängt insbesondere davon ab, welche gewerblichen und bevölkerungsstrukturellen Anforderungen auf die Gemeinde Brigachtal in
den folgenden Jahrzehnten zukommen.
Wie bereits eingangs erörtert ist jedoch das Aufzeigen dieses Szenarios die zentrale Grundlage, um auf künftige planerische Fragestellungen und Herausforderungen nicht nur reagieren, sondern
aktiv und zielorientiert agieren zu können.
Insbesondere die an die östlichen Siedlungsränder anschließenden Flächen im Bereich "Buchhalde / Bögle" in Kirchdorf und "Bromenäcker / Zielgass" in Klengen stellen nutzungs-funktional und
städtebaulich-räumlich gut in die Siedlungsstruktur integrierbare Potenzialflächen dar, die über das Jahr 2040 hinaus im Sinne der Schaffung von erforderlichem Wohnraum entwickelt werden
könnten.
In diesem Zeithorizont wäre auch eine weitere ergänzende bauliche Arrondierung von Überauchen im Bereich "Vorberg Nord" denkbar.
Die oben genannten östlichen Wohnschwerpunkte in Kirchdorf und Klengen sind dabei grundsätzlich entsprechend dem dann jeweils aktuell erforderlichen Bedarf optimal in Teilabschnitte gliederbar
und zeitlich abgestuft umsetzungsfähig. Darüber hinaus wäre, ebenfalls ausschließlich am tatsächlich vorhandenen Bedarf orientiert, durch eine begrenzte Erweiterung des Gebiets "Kreuzäcker", eine
nutzungsstrukturell sinnvolle gewerbliche Konzentration möglich. Es ist dabei generelles Ziel, die heute bestehenden Ortslagen durch diese wohnbaulichen und gewerblichen Entwicklungen,
insbesondere verkehrlich, möglichst wenig zu belasten.
Vor diesem Hintergrund ist die Realisierung einer Verkehrs- / Entlastungsspange zwischen der heutigen Ortsdurchfahrt Marbacher Straße – Hauptstraße (L 178) / "Bärenkreisel" und der Kreisstraße K
5734 / B 33 in Richtung Bad Dürrheim zur Anbindung bzw. Bewältigung der anfallenden Verkehre der genannten Potenzialflächen sowie auch der Verkehre im Zuge der Rekultivierung des
Steinbruchgeländes, grundlegende Voraussetzung der Gesamtentwicklung bzw. des Gemeindeentwicklungskonzepts 2040+ für die Gemeinde Brigachtal.